Das Schicksal der Sammlung nach Molls Tod

Ende Januar 1821 versuchten in einer Wiener Wohnung Bedienstete den Haufen Unordnung von einigen tausend Grafik- und Kartenblättern loszuwerden. Beim ersten Versuch gelang ihnen das nicht, was auf der Stirn ihres Brotherren, des assimilierten mährischen Adeligen, Baron Friedrich Sigmund Vockel, vermutlich nicht nur eine Falte hervorrief. Die vom Großvater hinterlassene Kartensammlung musste nämlich spätestens zum Heiligen Georg aus der Wohnung seiner Schwester geschafft werden, sonst drohte ihr der Verkauf als Altpapier.

Vockels Großvater Bernhard Paul Moll starb bereits mehr als vierzig Jahre zuvor und es gelang der Familie selbst nach wiederholten Versuchen nicht die Sammlung zu verkaufen. Vockels Geschwister kamen also überein, dass er damit machen sollte, was er für angemessen hielt. An erster Stelle stand für ihn die Ausräumung der Wohnung noch vor dem geplanten Umzug. Vockel gehörte, obwohl er erst um die Jahrhundertwende nach Mähren heiratete, schon seit Jahren zur tatkräftigen Mährisch-Schlesischen Patriotisch-Ökonomischen Gesellschaft zur Beförderung der Landwirtschaft, Wissenschaft und Kunst, einem Bund spätaufklärerischer Intellektueller vorwiegend aus Landadel, Beamtentum und erster Industrieller. Diese Gesellschaft stand den Anfängen des Franzensmuseums in Brünn im Jahre 1817 bei, und ein persönlicher Beitrag zu dessen Entfaltung war für die mährischen Patrioten eine Angelegenheit der persönlichen Ehre. Friedrich Sigmund Vockel entschied, die Kartensammlung seines Großvaters dem Museum zu stiften.

Die großzügige Spende lag zuerst ohne großes Interesse in den Räumen des Augustinerklosters in Alt-Brünn, danach im Gebäude des Franzensmuseums. Bei der Ausgliederung der Bibliothek aus dem Museum wurde die Sammlung der Landesbibliothek übergeben, da vom Archiv kein Interesse an ihr geäußert wurde. Paradoxerweise sicherte dieses jahrelange Versäumnis der Sammlung die Stellung eines Unikats, und das nicht nur im zentraleuropäischen Raum. Heute stellt sie ein einzigartiges Beispiel für die Sammlertätigkeit im Spätbarock und der frühen Aufklärung dar, erhalten in fast völlig intakter Gestalt. Die Kollektion wurde nämlich während der Jahre weder bedeutend erweitert, noch wurden größere Kartensätze aus ihr an einen anderen Ort gebracht (vielleicht mit Ausnahme der Karten von Mähren). Es blieb also ihre ursprüngliche Struktur genau so erhalten, wie sie Bernhard Paul Moll prägte.

Wahrscheinlich bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde ein Zettelkatalog zur Sammlung erstellt, der von den ursprünglich handschriftlichen Kartenbibliografien ausging, Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde dann ein Verzeichnis der in der Kollektion enthaltenen Karten und Veduten in Buchform herausgegeben. Zu Beginn des zweiten Jahrtausends wurde die Sammlung schließlich rekatalogisiert und im Onlinekatalog der Mährischen Landesbibliothek zugänglich gemacht. In der Folge wurde sie mit Mitteln des Programms Europeana Travel digitalisiert, und so ist sie nun der Öffentlichkeit im Internet zugänglich.